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Die Konitzer Mordaffäre

Einer der spektakulärsten ungelösten Todesfälle in Deutschland fand zu Beginn des vergangenen Jahrtausends statt. Am 11. März 1900 verschwand der 18-jährige Gymnasiast Ernst Winter. Zwei Tage später wurde sein Torso von seinem Vater auf einem zugefrorenen See nahe der westpreußischen Kleinstadt Konitz gefunden. Erste Untersuchungen durch den Kreisphysikus ergaben, dass die Extremitäten "kunstgerecht mit scharfen Schnitten aus den Gelenken gelöst, die Wirbelsäule mit feiner, scharfer Säge durchtrennt" wurde. Des Weiteren stellte der Arzt fest, dass der Tod Winters durch Verbluten eingetreten sein müsse. Als Täter käme ein professioneller Schlachter infrage.

Schnell waren die Verdächtigen eingekreist: der jüdische Schächter Lewy und der Preuße Hoffmann. Dessen Tochter war bekannt für ihr umtriebiges Liebesleben und soll auch etwas mit dem Opfer gehabt haben. Hatte Hoffmann den jungen Winter umgebracht, nachdem er ihn in flagranti erwischte? Die Bürger von Konitz ließen sich durch die Berichterstattung einer antisemitischen Zeitung aber nicht auf Hoffmann als Verdächtigen ein, sondern wollten Lewy als Täter sehen.

Noch Tage später tauchten Gliedmaßen und Kleidung des Opfers auf und hielten die Stadt in Atem. Es wurde von einem jüdischen Ritualmord gesprochen. Das preußische Innenministerium schickte den erfahrenen Kriminalbeamten Johann Braun zur Untersuchung des Falls. Doch auch er kam nicht weiter und floh, als die Wut der Bürger sich gegen ihn richtet. Braun deckte später Schlamperei bei den Ermittlungen auf. Spuren seien verwischt oder entfernt worden und das ärztliche Gutachten sei fehlerhaft.

Die renommierten Berliner Ärzte Virchow und Bergmann stellten fest:

"1. Der Tod des Ernst Winter erfolgte durch Erstickung.

2. Die Annahme, dass der an der zerstückelten Leiche Ernst Winters vorgefundene Halsschnitt bei Lebzeiten Winters ausgeführt wurde und den Verblutungstod herbeiführte, entbehrt der wissenschaftlichen Begründung.

3. Der Tod erfolgte am 11. März innerhalb der ersten sechs Stunden nach der genossenen Mahlzeit [es handelte sich dabei um die Mittagsmahlzeit, der Tod musste folglich in den frühen Abendstunden eingetreten sein].

4. Der Nachweis von Spermaflecken an der Außenseite von Hose und Weste macht es wahrscheinlich, dass Winter kurz vor dem Tode den Beischlaf ausführte oder auszuführen versuchte."

Unterdessen wurde die Familie Lewy in Konitz vor Gericht gestellt, aber nicht verurteilt. Der Fall wurde zu den Akten gelegt und ist bis heute einer der ungeklärten Todesfälle in Deutschland. 

 

Der Hamburger Trümmermörder

Im Winter 1947, kurz nach Ende des 2. Weltkriegs, trieb der sogenannte Hamburger Trümmermörder sein Unwesen an der Elbe. Ihm werden insgesamt vier der ungeklärten Todesfälle in Deutschland zugeschrieben. Eine der Leichen wurde am 20. Januar 1947 auf einem verlassenen Fabrikgrundstück in der Baustraße von spielenden Kindern gefunden. Sie wurde mit einer Schnur stranguliert.

Fünf Tage später entdeckte ein Schrottsammler an der Ecke Lappenbergsallee und Kollaustraße in Eimsbüttel die Leiche eines älteren Mannes. Am 1. Februar tauchte in einem Fahrstuhlschacht in der Billstraße ein totes Kind auf, das erdrosselt wurde. Das letzte Opfer wurde am 12. Februar in der Nackelmannstraße in Hammerbrook gefunden. Die Frau mittleren Alters wurde ebenfalls stranguliert.

Wie die Identität des Mörders wurde auch die Identität der Opfer nie geklärt. Allen gemein war aber, dass sie ausgeraubt, entkleidet und erstickt wurden. Die Ermittler fanden heraus, dass die Fundorte nicht mit den Tatorten übereinstimmten, da keine Kampfspuren gefunden wurden, dafür aber Schleifspuren.

Obwohl die Polizei mithilfe von Zahnärzten, Sterbeurkunden der Standesämter und den Ausgabestellen für Essensmarken etc. zusammenarbeitete, um Auffälligkeiten registrieren zu können, liefen die Ermittlungen ins Leere. Es gab Verbindungen zum Berliner Serientäter Rudolf Pleil, aber die Indizien reichten nicht aus für eine Verurteilung.

 

Das Mädchen im Main

Anfang des neuen Millenniums machte ein besonders tragischer Mord Schlagzeilen. Er gehört zu den dramatischsten ungeklärten Todesfällen in Deutschland: das Mädchen aus dem Main. Am 31. Juli 2001 wurde die Leiche eines 15-16 Jahre alten Mädchens von Passanten nahe Frankfurt-Nied im Fluss entdeckt.

Die gerichtsmedizinische Untersuchung stellte zahlreiche Verletzungen am ganzen Körper fest, die nicht durch zeitlich nahe Gewalteinwirkung, sondern durch jahrelange Misshandlungen entstanden seien. Bei der Obduktion protokollierten die Ärzte eine Fehlstellung der Arme infolge verheilter Brüche, zahlreiche längere Narben im Bereich von Beinen, Rumpf und Stirn, Brandnarben, die von Verbrennungen mit Zigaretten herrühren können, sowie links ein durch Verletzungen entstandenes, verkrüppeltes Ohr.

Weiter ist den Unterlagen zu entnehmen, dass der Tod durch zwei durch stumpfe Gewalt herbeigeführte Rippenbrüche hervorgerufen wurde. Diese hätten Lunge und Milz verletzt. Der Tod sei vermutlich drei Tage vor dem Leichenfund eingetreten. Das Mädchen habe wahrscheinlich 12-24 Stunden im Wasser gelegen.

Letzter Stand der Ermittlungen: Das namentlich unbekannte Mädchen wurde höchstwahrscheinlich über Diplomatenkreise nach Deutschland gebracht und lebte dort seit einigen Jahren. Ursprünglich stamme sie aber aus dem pakistanisch-afghanischen Raum. Aufgrund der diplomatischen Immunität potenzieller Verdächtiger mussten die Beamten weitere Untersuchungen einstellen. Sie sammelten Spenden und ermöglichten ein Begräbnis auf dem Friedhof Heiligenstock.

 

Der Ölflecktäter

Zwischen 2007 und 2011 hielt der sogenannte Ölflecktäter die Süddeutschen Ermittler in Atem – wohl eine der längsten Serien unter den ungeklärten Todesfällen in Deutschland. Der unbekannte Täter füllte Wein- sowie Sektflaschen mit Altöl und warf sie während der Fahrt auf die Spur des Gegenverkehrs. Damit verursachte er einige schwere Unfälle, bei denen im Frühjahr 2011 ein 37-jähriger Motorradfahrer starb. Nach zweijähriger Pause kam es im März 2013 erneut zu ähnlichen Fällen, einen Zusammenhang konnte die Polizei allerdings nicht bestätigen.

Dem Ölflecktäter können aber folgende Fälle eindeutig zugeschrieben werden:

  • 4 Flaschen am Karfreitag, den 6. April 2007 bei Bad Schussenried im Landkreis Biberach
  • 2 Flaschen am Sonntag, den 29. April 2007 bei Neuburg an der Donau
  • 5 Flaschen am Sonntag, den 28. Oktober 2007 bei Wittislingen im Landkreis Dillingen an der Donau
  • 12 Flaschen am 30. Oktober 2007 bei Freisingen
  • 19 Flaschen in der Nacht von Samstag, den 12. April zu Sonntag, den 13. April 2008 bei Beuron im Donautal
  • 5 Flaschen am Montag, den 21. Dezember 2009 bei Höchstädt im Kreis Dillingen
  • 3 Flaschen am 21. März 2010 bei Schwendi im Landkreis Biberach
  • 2 Flaschen zwischen Erkheim und Attenhausen

Die Ermittler fanden an einer der Flaschen DNA-Spuren. Es folgte ein freiwilliger DNA-Test an über 1.400 Männern – ohne Erfolg. Das Erbgut des Täters wurde aber in die bundesweite Datenbank eingestellt und wird mit möglichen zukünftigen Funden verglichen.

 

Die Babymorde von Schwarzenberg und Rotava

Weitere ungelöste Todesfälle in Deutschland stellten besondere Anforderungen an die zuständigen Ermittler, wie beispielsweise die Babymorde von Schwarzenberg und Rotava. Am 19. Januar 2011 wurde in Schwarzenberg, im sächsischen Erzgebirgskreis eine Babyleiche gefunden. Man hatte sie in eine Weihnachtsplastiktüte eingepackt und in einem Altkleidercontainer entsorgt. Die Obduktion ergab, dass das Kind lebend entbunden und danach erstickt wurde.

Zwischen März und Mai 2011 setzten die Ermittler einen Massengentest an 2.000 Frauen im Alter von 14 bis 46 Jahren an. Doch auch dieser erbrachte keine weiteren Hinweise auf die Identität der Mutter. Der tote Säugling wurde unter dem Namen Max Winter in Schwarzenberg beigesetzt.

Knapp 1 ½ Jahre später machten tschechische Beamte einen ganz ähnlichen Fund: Eine Babyleiche wurde bei Rotava am 2. Juni 2012 im Straßengraben entdeckt. Auch dieses Kind kam lebendig zur Welt und wurde später getötet. Da die Stadt nahe der Grenze liegt und eine deutsche Mutter nicht ausgeschlossen werden konnte, wurden die Ergebnisse des DNA-Tests an die entsprechenden Behörden weitergeleitet. Das Landeskriminalamt Sachsen fand heraus, dass es sich bei dem tschechischen Baby um den Bruder von Max Winter handelte.

Obwohl deutsche und tschechische Kriminalbeamte eng zusammenarbeiteten und sogar Spuren bis ins Rotlichtmilieu verfolgten, blieben die Ermittlungen bis heute fruchtlos. Niemand konnte wirklich sachdienliche Hinweise auf die Eltern der Kinder geben.

 

Fazit: Die Republik wurde bereits von vielen dramatischen Morden erschüttert. Einige konnten dank der zuständigen Ermittler aufgeklärt werden, doch es gibt auch viele ungeklärte Todesfälle in Deutschland. Sie ziehen sich wie ein roter Faden durch die Geschichte und machen selbst vor Neugeborenen keinen Halt. Trotz modernster Verfahren wie DNA-Tests und Co. ist es manchmal nicht möglich, einen Täter auszumachen.